Was der Bundeskanzler und der Bundestrainer nicht haben: Führungsstärke und Charisma
von Hanns Spazierer
Als 14-jähriger Jugendlicher war ich ziemlich unsportlich, was Fußball spielen betraf. Ich war in der Schulmannschaft gezwungenermaßen dabei und es hat mir keinen Spaß gemacht. Im Jahre 1974 war das Turnier in Deutschland und ich erinnere mich noch genau, dass mein Schulfreund mir eine Eintrittskarte für 50 Deutsche Mark anbot. Für das Endspiel im Olympiastadion in München und ich durfte miterleben, wie Deutschland das zweite Mal Weltmeister wurde. Dieses Erlebnis war so prägend, dass ich seitdem keine Weltmeisterschaft mehr versäumt habe und mir ALLE Spiele im Fernsehen angeschaut habe. Im Jahre 1990 rissen Pavarotti, Domingo und Carreras in dem legendären Konzert in ROM mit dem „Vincerò“ aus Pucini’s Turandot in der Caracalla Therme das Publikum von den Sitzen – als wenn sie schon geahnt hatten, dass meine Mannschaft gewinnen würde. In der Tat! Sie wurden Fußballweltmeister in Italien!
32 Jahre später liegt meine Mannschaft am Boden. Ausgeschieden, bevor es richtig losgeht.
Was ist los in Deutschland?
In einer WhatsApp-Gruppe mit dem schwungvollen Namen “Macht euch bereit” richtete der Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft, Hansi Flick, eine mitreißende Motivationsbotschaft an die 26 Spieler, die das Land bei der Weltmeisterschaft vertreten. Unter einem Bild einer Lampe fügte sein Kollege hinzu: “Möge unser Licht in Katar leuchten!”
Das Licht ist verloschen. Nach der Niederlage gegen Japan in einer glanzlosen, blutarmen Vorstellung erreichte die Mannschaft gegen Spanien dank eines späten Ausgleichstreffers gerade noch ein Unentschieden. Nach dem katastrophalen Abschneiden im Jahr 2018 – wo das Land zum ersten Mal seit 80 Jahren in der Gruppenphase ausschied – und dem erneuten Ausscheiden bei diesem Turnier ist es stockfinster geworden.
Es gibt viele Gründe für das schlechte Abschneiden. Einer davon ist sicherlich der Trainer, Herr Flick. Die meiste Zeit seiner Trainerkarriere schien er dazu bestimmt zu sein, ein ständiger Assistent zu sein – zunächst von Joachim Löw, Deutschlands langjährigem Bundestrainer, und dann bei Bayern München, Deutschlands größtem Verein. Doch in den letzten drei Jahren änderten sich die Dinge für Herrn Flick schnell. Er wurde Chef bei Bayern, führte den Verein zum Champions-League-Titel und löste dann seinen früheren Chef Löw als Chef der Nationalmannschaft ab. Von der Zweitbesetzung ist Herr Flick zum führenden Mann geworden.
In der deutschen Politik hat sich eine ähnliche Geschichte abgespielt – die von Bundeskanzler Olaf Scholz. Vor ein paar Jahren schien auch er auf der Stelle zu treten. Er wurde als Kandidat für den Parteivorsitz 2019 übergangen und zeichnete sich durch seine langjährige Tätigkeit im Kabinett von Angela Merkel aus: ein zuverlässiger Funktionär, aber kein Anführer. Doch bei der Wahl im vergangenen Jahr verhalfen ihm seine Verbindung zu Frau Merkel – und seine Fähigkeit, ein Gefühl der Kontinuität zu vermitteln – zum Einzug ins Kanzleramt.
Jetzt kämpfen diese beiden Männer darum, sich in einer Zeit zurechtzufinden, in der Deutschlands Stärke und Widerstandsfähigkeit als Fußballmannschaft und als Land auf die Probe gestellt werden. Unter schwierigen Umständen scheinen beide überfordert zu sein.
Die Parallelen zwischen Herrn Flick und Herrn Scholz, die sieben Jahre auseinander geboren wurden, sind offensichtlich. Beide sind intelligent, können aber schnell unangenehm werden, wenn diese intellektuelle Brillanz nicht ausreichend gewürdigt wird. Beide kommunizieren schlecht mit der Öffentlichkeit, sind aber beleidigt, wenn sie missverstanden werden. Vor allem aber sind beide unbeirrbar pragmatisch. Visionen, Inspiration und Romantik spielen keine Rolle. Die Pressekonferenzen von Herrn Flick sind so langweilig wie die des Bundeskanzlers, und das ist schon eine Leistung.
Das Problem ist, dass es die gemütliche und überschaubare Welt des vergangenen Jahrzehnts nicht mehr gibt, weder im Fußball noch in der Politik. Die Klimakatastrophe, die Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Deutschen aus ihrer Komfortzone geschüttelt. Langsam dämmert es allen, dass Deutschland, das in Erinnerungen an vergangene Erfolge schwelgt, selbstgefällig geworden ist.
In der Politik äußert sich diese Selbstzufriedenheit darin, dass man sich vor schwierigen Entscheidungen drückt. Aus der Generation der Sieger wurde die GENERATION NIX
Das Land braucht also einen Neuanfang, und dazu braucht es charismatische Führungspersönlichkeiten. Im Fußball könnte das ein Charmeur wie Liverpools Manager Jürgen Klopp sein, in der Politik ein eloquenter Intellektueller. Stattdessen haben wir Herrn Flick und Herrn Scholz, dumpfe Epigonen ihrer früheren Chefs. Sie halten im Amt die Illusion aufrecht, dass es doch noch eine Rückkehr in die Welt von gestern geben könnte, dass Deutschland, ohne wirklich etwas zu ändern, wieder wirtschaftlich gesund und sportlich erfolgreich sein kann.
In Deutschland gibt es die beliebte Theorie, dass sich große gesellschaftliche Veränderungen im Stil der Nationalmannschaft widerspiegeln. Der deutsche Sieg bei der Fußballweltmeisterschaft 1954, das so genannte Wunder von Bern, gilt als symbolische Gründung des westdeutschen Staates nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Mannschaft der 70er Jahre, angeführt von langhaarigen Freigeistern wie Günter Netzer, atmete den freien Geist der Studentenrevolte. Und in den 80er Jahren eiferte die deutsche Mannschaft der konservativen Restauration unter Helmut Kohl mit ihrem sinnlosen Gekicke auf dem Spielfeld nach.
Wenn es einen Gleichschritt zwischen Politik und Fußball gibt, könnte sich bei dieser WM zeigen, ob Deutschland bald seine Angst vor Veränderungen überwindet und einen Neuanfang wagt. Dazu müsste die Risikovermeidung, die das deutsche Spiel in den letzten Jahren so unattraktiv gemacht hat, einer neuen Angriffslust und Spielfreude weichen, gefördert von einem Bundestrainer, der sich ebenfalls neu erfinden müsste.
Ein solcher erfrischender neuer Stil hätte nicht nur einer maroden Mannschaft neues Leben einhauchen können. Er hätte auch ein Signal an die deutsche Gesellschaft senden können, dass auch sie sich von den Fesseln der Angst befreien kann. Eine Darbietung von Kreativität, Leidenschaft und Kampfgeist wäre das perfekte Tonikum für den lähmenden Zustand des Landes gewesen, das zwischen der Sehnsucht nach Veränderung und der Angst vor dem, was sie bringen könnte, schwankt. Wer weiß, vielleicht hätten sogar die Politiker davon Notiz genommen.
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Mondiali di calcio Qatar 2022 : l’imbarazzo politico e sportivo della Germania
I commenti di un tifoso fanatico (e dichiaratamente di sinistra)
traduzione di Hanns Spazierer
Come adolescente di 14 anni ero piuttosto antisportivo quando si trattava di giocare a calcio. Sono stato costretto a far parte della squadra della scuola e non mi è piaciuto.
Nel 1974 il torneo dei mondiali di calcio era in Germania e ricordo benissimo che un mio compagno di scuola mi offrì un biglietto da 50 marchi tedeschi per la finale allo Stadio Olimpico di Monaco dove ho potuto assistere a come la Germania diventò campione del mondo per la seconda volta. Quella esperienza fu così formativa che da allora non mi sono perso una Coppa del Mondo e ho guardato tutte le partite in TV. Nel 1990, Pavarotti, Domingo e Carreras strapparono il pubblico dai loro posti al leggendario concerto a Roma con “Vincerò” dalla Turandot di Puccini alle Terme di Caracalla – come se avessero già sospettato che la mia squadra avrebbe vinto. Difatti! Diventammo campioni del mondo di calcio in Italia!
Ma 32 anni dopo, la mia squadra è ancora in campo, eliminata ancor prima che le cose avessero inizio davvero.
Cosa sta succedendo in Germania?
In un gruppo WhatsApp dal nome scattante “Preparati”, l’allenatore della nazionale tedesca di calcio, Hansi Flick, ha inviato un messaggio entusiasmante di motivazione ai 26 giocatori che rappresenteravano il Paese ai Mondiali. Sotto l’immagine di una lampada, il suo vice ha aggiunto: “Possa la nostra luce risplendere in Qatar!”
La luce si è spenta. Dopo aver perso contro il Giappone in una prestazione poco brillante e anemica, la squadra è riuscita a evidenziarsi di poco contro la Spagna, grazie a un pareggio nel finale. Dopo una prestazione disastrosa nel 2018 – che ha visto il Paese eliminato dalla fase a gironi per la prima volta in 80 anni – essere nuovamente eliminato dal Torneo, si dimostra nero come la pece.
Ci sono molte ragioni per le scarse prestazioni. Uno di questi è sicuramente l’allenatore, il signor Flick. Per la maggior parte della sua carriera da trainer, sembrava destinato a diventare permanentemente un assistente, prima di Joachim Löw, storico allenatore della nazionale tedesca, e poi del Bayern Monaco, il club più importante della Germania. Ma le cose sono cambiate rapidamente per il signor Flick negli ultimi tre anni. È diventato capo del Bayern, ha portato il club al titolo di Champions League e poi ha sostituito il suo ex capo Löw come capo della squadra nazionale. Il signor Flick è passato da sostituto a protagonista.
Una storia simile si è svolta nella politica tedesca: quella del Cancelliere Olaf Scholz. Qualche anno fa anche lui sembrava in secondo piano. Scartato come candidato alla presidenza del partito SPD nel 2019, si è distinto per il suo lungo servizio nel gabinetto di Angela Merkel: un funzionario affidabile, ma non un leader. Eppure nelle elezioni dello scorso anno, il suo legame con la signora Merkel – e la sua capacità di trasmettere un senso di continuità – lo ha aiutato a vincere la carica di cancelliere.
Ora, questi due uomini stanno lottando per affrontare un momento in cui la forza e la resilienza della Germania come squadra di calcio e come Paese vengono messe alla prova. In queste circostanze difficili entrambi sembrano essere sopraffatti.
I parallelismi tra il signor Flick e il signor Scholz, nati a sette anni di distanza, sono evidenti. Entrambi sono intelligenti, ma possono diventare rapidamente goffi se a quella genialità intellettuale non viene dato abbastanza credito. Entrambi comunicano male con il pubblico ma si offendono quando vengono fraintesi. Soprattutto, entrambi sono fermamente pragmatici. Visioni, ispirazione e romanticismo non contano. Le conferenze stampa del signor Flick sono noiose quanto quelle del Cancelliere, e questo è già un bel risultato.
Il problema è che il mondo comodo e gestibile dell’ultimo decennio non esiste più, né nel calcio né nella politica. La catastrofe climatica, la pandemia e la guerra in Ucraina hanno scosso i tedeschi fuori dalla loro zona di comfort. Stiamo cominciando a renderci conto che la Germania, ricordando i successi passati, è diventata compiacente.
In politica, questa compiacenza si manifesta nel sottrarsi a decisioni difficili. La generazione dei vincitori è diventata Generation NIX.
Quindi il Paese ha bisogno di un nuovo inizio, e per questo ha bisogno di leader carismatici. Nel calcio potrebbe essere un ammaliatore come l’allenatore del Liverpool, Jürgen Klopp, in politica un eloquente intellettuale. Invece abbiamo il signor Flick e il signor Scholz, ottusi epigoni dei loro ex capi. In carica si mantiene l’illusione che ci possa essere ancora un ritorno al mondo di ieri, che la Germania possa essere di nuovo economicamente sana e sportivamente vincente senza cambiare davvero nulla.
In Germania c’è una teoria popolare secondo cui i grandi cambiamenti sociali si riflettono nello stile della squadra di calcio nazionale. La vittoria tedesca ai Mondiali del 1954, il cosiddetto Miracolo di Berna, è considerata la fondazione simbolica dello Stato della Germania Ovest dopo la Seconda guerra mondiale. La squadra degli Anni ’70, guidata da spiriti liberi dai capelli lunghi come Günter Netzer, respirava lo spirito libero della rivolta studentesca. E negli Anni ’80, la squadra tedesca ha emulato la restaurazione conservatrice sotto Helmut Kohl con i loro inutili calci in campo.
Se il calcio è un passo avanti sulla politica, questo Mondiale potrebbe dimostrare se la Germania supererà presto la sua paura del cambiamento e oserà un nuovo inizio. Per fare questo, l’elusione del rischio che ha reso il gioco tedesco così poco attraente negli ultimi anni, dovrebbe lasciare il posto a una nuova aggressività e gioia di giocare, promossa da un allenatore della nazionale che dovrebbe anche reinventarsi.
Un nuovo stile rinfrescante non solo potrebbe dare nuova vita a una squadra in difficoltà, ma potrebbe anche inviare un segnale alla società tedesca affinché anch’essa possa liberarsi dalle catene della paura. Una dimostrazione di creatività, passione e spirito combattivo sarebbe stato il tonico perfetto per l’immobilità del Paese, in bilico tra il desiderio di cambiamento e la paura di ciò che potrebbe portare.
Chissà, forse anche i politici se ne sarebbero accorti.
Sabato, 10 dicembre 2022 -n° 50/2022
In copertina: Olaf Scholz – Foto: https://www.bundestag.de